Die Grundlage des Ertragswertes sind alle jährlichen Roherträge (Mieten und Pachten), die aus dem Grundstück auf Dauer (nachhaltig) erzielt werden können. Ihre Höhe ist vor allem abhängig von der Grösse der vermietbaren Fläche. Bei ihrer Ermittlung werden nur die nachhaltig – also die mit hoher Wahrscheinlichkeit – erzielbaren Roherträge berücksichtigt. Das sind in der Regel übliche und somit häufig fiktive Miet- und Pachterträge. Berechnet wird der Ertragswert aus dem Reinertrag. Das ist die Differenz aus dem Rohertrag und den Bewirtschaftungskosten. Zu den Bewirtschaftungskosten gehören die Verwaltungskosten, die Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis sowie die Betriebskosten. In den meisten Fällen enthalten die Kaltmieten und Pachten aber keine Betriebskosten, so dass diese Position in der Regel nicht zu berücksichtigen ist. Dieser Reinertrag aus dem Grundstück fliesst solange, wie die baulichen Anlagen auf dem Grundstück noch wirtschaftlich genutzt werden können. Man kann diesen Betrag daher auch als jährliche Rente verstehen. Der Reinertrag aus dem Grundstück wird in der Regel aufgeteilt in einen Anteil für die baulichen Anlagen und einen Anteil für den Boden, denn die Laufzeit der Erträge aus den baulichen Anlagen ist begrenzt durch deren Restnutzungsdauer (RND). Dagegen fliesst der Ertrag aus dem Boden unter üblichen Umständen unendlich lange. Vermindert man also den Reinertrag des Grundstücks um den jährlichen Betrag für die Verzinsung des Bodenwertes, erhält man den Reinertrag der baulichen Anlagen. Die Grundlage der Bodenwertverzinsung ist eine angemessene, das heisst für die baulichen Anlagen erforderliche Grundstücksgrösse. Diese kann bei übergrossen Grundstücken kleiner sein als die tatsächliche Fläche. Soll jetzt die Summe der künftigen Reinerträge beurteilt werden, so muss man die einzelnen Zahlungen, die ja in unterschiedlichen Jahren anfallen, zunächst auf einen einheitlichen Zeitpunkt beziehen. Das ist der Stichtag der Wertermittlung (Wertermittlungsstichtag). Erst jetzt sind die Zahlungen vergleichbar. Die Vergleichbarkeit stellt man durch Abzinsung jeder einzelnen Zahlung auf den Stichtag her. Als Zinssatz wird der Liegenschaftszinssatz verwendet, der je nach Lage und Objekttyp sowie Risiko der Investition unterschiedlich hoch ist. Die Summe dieser abgezinsten Reinerträge ergibt schliesslich den Barwert (Jetztwert) einer Rente (Rentenbarwert), der in der Grundstückswertermittlung als Ertragswert der baulichen Anlagen bezeichnet wird. Dieser Wert und der Bodenwert ergeben zusammen den Ertragswert des Grundstücks. Die Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen wird aus der Differenz der Gesamtnutzungsdauer (GND) und dem tatsächlichen Alter der baulichen Anlagen ermittelt. Bei Wertermittlungen ist aber das tatsächliche Alter der baulichen Anlagen von untergeordneter Bedeutung. Viel wichtiger sind ihre wirtschaftliche Restnutzungsdauer (RND) und die Gesamtnutzungsdauer. Die GND ist der theoretisch maximal mögliche Zeitraum, über den eine bauliche Anlage genutzt werden kann. Die RND ergibt sich dagegen aus dem Mittelwert der geschätzten Alter aller Bauteile eines Gebäudes. Im Falle umfangreicher Modernisierungen oder Sanierungen kann ein jüngeres Baujahr (fiktives Baujahr) geschätzt werden. Das trifft umgekehrt auch für Bauwerke zu, die nicht zeitgemäss instand gehalten sind. An Gebäuden tritt eine natürliche, umwelt- und nutzungsbedingte Wertminderung auf, die in bestimmten zeitlichen Abständen grösseren Instandhaltungsaufwand erfordert. Bei sanierten und gut instand gehaltenen Gebäuden verlängert sich daher die RND. Umgekehrt verkürzt sie sich, wenn die Instandhaltung ganz oder teilweise unterbleibt. Üblicherweise berechnet man den Kapitalwert einer Rente, in dem man die Rente mit einem Faktor, dem sogenannten Rentenbarwertfaktor, multipliziert. Dieser Faktor enthält eine Restnutzungsdauer, denn er besteht aus dem Rentenbetrag in Höhe von 1, dem Zinssatz und der RND. Mit der Schätzung der RND wird also die künftige Dauer der zu erzielenden Erträge festgelegt. Die im Ertragswertverfahren verwendete RND ist mit der im Sachwertverfahren identisch. Dort ist sie Grundlage für die Ermittlung der Wertminderung der baulichen Anlagen (Abschreibung). Die RND kann somit als ein Äquivalent für die Abschreibung im Sachverfahren betrachtet werden. Ein gesonderter Abzug für die Wertermittlung der baulichen Anlagen entfällt im Ertragswertverfahren.